Das unsichtbare Band
Die Autorin beschreibt den langen und mühseligen Weg der jungen Drusin Amal, die sich aus der Enge ihrer Religionsgemeinschaft und den patriarchalen Machtstrukturen der arabischen Welt zu befreien versucht. Ihre Familie lebt in einem kleinen, libanesischen Dorf weitgehend abgeschieden von anderen kulturellen Einflüssen. Amal darf zwar einen Schulabschluss machen, weitere Bildung wird ihr aber untersagt. Stattdessen wird sie 16-jährig mit einem Mann verheiratet, den sie zuvor nur oberflächlich kennengelernt hat. Zumindest schafft sie es, sich von ihm die Erlaubnis zu erkämpfen, an der Beiruter Universität zu studieren. Ein Leben wie die anderen Studierenden kann sie jedoch nicht führen. Als sie den Vortrag eines Gastdozenten über „Das Bild der Frau in den Religionen“ hört und den Vortragenden kurze Zeit später kennenlernt, wird dies zum einschneidenden Erlebnis für sie. Hin und her gerissen zwischen ihren Pflichten als Ehefrau, der Liebe zu ihrer Tochter und ihren Eltern sowie dem Wunsch nach Eigenständigkeit, muss sie tiefgreifende Entscheidungen treffen. Indem Amal sich zunehmend kritisch mit ihrem Leben auseinandersetzt, erfährt der Leser viel über den Glauben und die Lebensweise der Drusen, wird aber gleichzeitig dazu angeregt, über seine eigenen Einstellungen zu existentiellen Fragen des Lebens nachzudenken. Große Teile des Romans beruhen auf persönlichen Erfahrungen der Autorin, die den Roman in einer nüchternen, aber sehr einfühlsamen Sprache verfasst hat, die zunehmend poetischer wird, je mehr Amal den Weg in ein selbst bestimmtes Leben findet. Dieser sehr empfehlenswerte Roman macht dem Leser eine für uns verschlossene und fremde Welt ein stückweit erfahrbarer !