Das Mädchen aus Mailand
Eigentlich geht es, nach dem kurzen und blutigen Prolog, ganz gemächlich los. Duca Lamberti, ein wegen Sterbehilfe verurteilter Arzt, soll im Auftrag von Commissario Carrua, väterlicher Freund des Ex-Häftlings, einen scheinbar alkoholabhängigen Zögling aus gutem Hause hart anfassen und in die ‚Trockenheit’ führen. Lamberti ahnt schnell, dass viel mehr hinter der Trinksucht seines Schützlings steckt und fügt sich, widerstrebend zunächst, und dann doch sehr schnell in seine neue Rolle als Ermittler. Kühle Analyse, empathisches Vermögen, medizinisches Fachwissen, großes Durchhaltevermögen und ein klarer Sinn für Gerechtigkeit lassen Lamberti schnell zu kriminalistischen Ergebnissen kommen, in deren Folge auch Davide, der vermeintliche Alkoholiker, wieder Fuß fassen kann.
Der Kriminalroman aus dem Jahre 1966 verbindet Spannung mit Gesellschaftskritik, besetzt archetypisch die Rollen des Krimis und kann auch als Aufbruch in die Zeit der 68er verstanden werden. Härte und Empathie stehen ausgewogen nebeneinander, der Spannungsbogen fesselt von der ersten bis zur letzten Seite und interessanter als der Grund des Verbrechens, sind die damit verbundenen gesellschaftlichen Fragen. Scerbanenco, Journalist und Autor, Vater des italienischen Krimis, hat seinen Antihelden insgesamt vier Mal ermitteln lassen.
Und hier eine Rezension aus der SZ