Vortreffliche Frauen
Bei der Lektüre möchte man sich ständig ein Tässchen Tee machen, denn in diesem unterhaltsamen wie interessanten Roman aus den 50er Jahren, der soeben in neuer Auflage bei Dumont erschienen ist, wird jede Menge davon getrunken. Der Tee sowie im Idealfall ein kleiner Kuchen, ist für Mildred das Mittel der Wahl, wenn schwierige Situationen zu überstehen sind.
Und die häufen sich, seit in der Etage unter ihr ein neues Ehepaar eingezogen ist, die ihr beschauliches Leben und ihre Ansichten als „vortreffliche Frau“ durcheinander bringen. Denn Pfarrerstochter Mildred ist ungebunden, schon über dreißig und damit quasi eine alte Jungfer und hat ihr Leben geruhsam eingerichtet zwischen Gemeindebasar, gemeinsamen Abendessen mit dem ledigen Pfarrer und seiner Schwester und Ferien mit der besten Freundin.
Der neu eingezogene Ehemann ist gutaussehend und ziemlich charmant, die Ehefrau eine ebenso hübsche Anthropologin scheint in einen anderen verliebt – jetzt wird plötzlich Alkohol getrunken, die Zugezogenen tragen ihre Eheprobleme öffentlich aus und Mildred soll verkuppelt werden….
In bester englischer Manier, man fühlt sich an Jane Austen erinnert, mit subtilem Witz und scharfer Beobachtungsgabe entwirft Barbara Pym hier ein Sittengemälde der Gesellschaft des Nachkriegs-London. Eine Lesefreude!