Dunkelblum
Bitterböse und doch mit viel Empathie geht Eva Menasse in ihrem neusten Roman die Themen Vergangenheitsbewältigung und Fremdenfeindlichkeit an.
In dem fiktiven Ort Dunkelblum haben es sich die Bewohner gemütlich eingerichtet. „Dort frönten die ersten Generationen Dunkelblumer, die in körperschonende Angestelltenexistenzen aufgestiegen waren, dem kleinen Konsumentenglück. … In Dunkelblum wissen die Einheimischen alles voneinander, und die paar Winzigkeiten, die sie nicht wissen, die sie nicht hinzuerfinden können und auch nicht weglassen, die sind nicht egal, sondern spielen die allergrößte Rolle. Das, was nicht allseits bekannt ist, regiert wie ein Fluch.“
Die hier begangenen Verbrechen insbesondere zum Ende der Nazi-Herrschaft werden totgeschwiegen. Aber langsam kommt das Dunkle an das Tageslicht und wenn auch nicht Alles aufgeklärt wird, so werden doch einige Geschehnisse zurechtgerückt. „ Und das ist eben das Problem mit der Wahrheit. Die ganze Wahrheit wird, wie der Name schon sagt, von allen Beteiligten gemeinsam gewusst. Deshalb kriegt man sie nachher nicht mehr richtig zusammen. Denn von jenen, die ein Stück von ihr besessen haben, sind dann immer gleich ein paar schon tot. Oder sie lügen, oder sie haben ein schlechtes Gedächtnis.“ Wie die Bewohner auf die Gefahr, dass man ihre so heimelige Welt aufrütteln könnte, reagieren, wird bei allem Ernst des Themas und der Grausamkeit der Verbrechen auf unterhaltsame Weise dargestellt. Gleichzeitig ist man aber erschüttert. Denn es wird uns ein Spiegelbild vorgehalten- einer Gesellschaft in der Fremdenhass und Antisemitismus wieder eine zunehmende Rolle einnehmen. Gerade deshalb geht es in diesem Roman nicht nur um die Vergangenheit, sondern um unsere Gegenwart und wie wir sie gestalten wollen!
Der Verlag schreibt:
Auf den ersten Blick ist Dunkelblum eine Kleinstadt wie jede andere. Doch hinter der Fassade der österreichischen Gemeinde verbirgt sich die Geschichte eines furchtbaren Verbrechens. Ihr Wissen um das Ereignis verbindet die älteren Dunkelblumer seit Jahrzehnten – genauso wie ihr Schweigen über Tat und Täter. In den Spätsommertagen des Jahres 1989, während hinter der nahegelegenen Grenze zu Ungarn bereits Hunderte DDR-Flüchtlinge warten, trifft ein rätselhafter Besucher in der Stadt ein. Da geraten die Dinge plötzlich in Bewegung: Auf einer Wiese am Stadtrand wird ein Skelett ausgegraben und eine junge Frau verschwindet. Wie in einem Spuk tauchen Spuren des alten Verbrechens auf – und konfrontieren die Dunkelblumer mit einer Vergangenheit, die sie längst für erledigt hielten. In ihrem neuen Roman entwirft Eva Menasse ein großes Geschichtspanorama am Beispiel einer kleinen Stadt, die immer wieder zum Schauplatz der Weltpolitik wird, und erzählt vom Umgang der Bewohner mit einer historischen Schuld. »Dunkelblum« ist ein schaurig-komisches Epos über die Wunden in der Landschaft und den Seelen der Menschen, die, anders als die Erinnerung, nicht vergehen.