Der Stich der Biene
Paul Murray – Der Stich der Biene
Die Fußballmannschaft des Ortes stand für Barns. Schiebedach stand für Barns. Gratisgolfschirme und über den Tellerrand schauen stand für Barns. Elektroautos standen nicht für Barns. Spritsparen stand nicht für Barns.
Das einst lukrative Autogeschäft, welches der stolzen Familie Barns Ansehen in der irischen Kleinstadt beschert hat, läuft nicht mehr. Mutter, Vater, Tochter und Sohn Barns gehen alle sehr unterschiedlich mit dem Niedergang um. Wenn das Leben und die Welt auseinanderfallen, stellen sich die großen Fragen: Wann und Warum begann der Untergang. Wie weit müsste man zurückgehen, um Geschehenes zu ändern? Und wie kann ich ein guter Mensch zu sein?
Dickie Barns läuft zunächst vor seinen Problemen davon und beginnt in den Wäldern einen Bunker zu bauen. Seiner Frau Imelda erscheinen die Avancen von Big Mike, dem reichen Rinderzüchter, immer attraktiver. Die achtzehnjährige Cass, einst Klassenbeste, beschließt, sich bis zum Abitur jeden Tag zu betrinken, während ihr kleiner Bruder PJ einen Plan schmiedet, um von zu Hause abzuhauen.
Paul Murray nimmt sich für seine Familienaufstellung in Romanform so viel Zeit und Liebe zum Detail, dass sich darin alle wiedererkennen, die selbst schon mal in dem komplexen Konstrukt Familie gelebt haben, also alle.
Dass es bei dem 700 Seiten starken Roman auch Längen gibt, sei ihm gegönnt. Wer dran bleibt bekommt viel zurück. Alles wirklich alles in der Geschichte macht schlußendlich Sinn.
Das der irische Autor auch in den USA unglaublich erfolgreich ist und als der neue Jonathan Franzen gehandelt wird, geschieht ihm nur recht. Während sich das Original in seinen letzten Romanen im besten Fall noch selber wiederholt, schreibt der junge Paul Murray mit dem Stich der Biene mal eben frisch und lässig den unwiderstehlichen, tragisch-komischen, großen Familienroman auf den alle Franzen-Fans seit Jahren warten. Für mich ein klassischer Fall von, erst harmlos reingeblättert, dann eine Woche komplett in diesem Buch verschwunden.