Saturnin
Ein Roman, der mich von der ersten Seite an gepackt hat: Saturnin, ein Anfang 30 Jahre alter Mann, lebt relativ allein und zurückgezogen in Warschau. Er ist weder attraktiv, noch übt er einen interessanten Beruf aus, sein Leben weist keine Höhen und Tiefen auf. Sein früheres Lebensziel, Leistungssportler im Gewichtheben zu werden, ist kläglich gescheitert. Aufgewachsen ist er in einem kleinen Dorf, wo noch sein 96 Jahre alter Großvater und seine Mutter leben. Als der Großvater plötzlich spurlos verschwindet, nimmt Saturnin sich Urlaub, fährt nach Hause und begibt sich gemeinsam mit seiner Mutter auf die Suche. Der Leser taucht durch Saturnins Erinnerungen in dessen Kindheit ein, anhand von Briefen lernen wir die Mutter näher kennen und im letzten Drittel des Romans erfahren wir die erschütternde Lebensgeschichte des Großvaters. Dem Autor gelingt es in diesem nicht ausuferndem, sondern sich auf das Wesentliche konzentrierenden Roman Einblicke in die Geschichte und das Leben unserer polnischen Nachbarn über die letzten 70 Jahre zu vermitteln. Auch wenn aufgrund der derzeitigen politischen Situation der Wunsch nach Wohlfühlbüchern groß ist, kann ich nur dringend empfehlen, diesen Roman zu lesen: Sprachlich und inhaltlich überzeugend und ergreifend!
Der Verlag schreibt:
Warschau 2014: Saturnin, ein alleinstehender Handelsvertreter und ehemaliger Leistungssportler, erhält eines Abends einen Anruf von seiner Mutter: Sein 96jähriger Großvater Tadeusz ist verschwunden. Entschlossen fährt er in sein Heimatdorf, um den Vermissten zu suchen.Wie in einer Familienchronik entfaltet sich die Geschichte dreier Generationen. Sie ist stark von den Erlebnissen eines Mannes geprägt, der vor allem eines war: ein zärtlich liebender Musiker, der nie Soldat sein wollte und wider Willen zum rächenden Partisanen wurde. Später wird er sich in tiefes Schweigen vergraben. Es ist der Enkel, der seinen Großvater zum Sprechen bringt und eine Geschichte erfährt, die seine eigene Jugend plötzlich in einem ganz anderen Licht erscheinen lässt.
Jakub Małecki erzählt in den vielen Registern seiner äußerst lebendigen Sprache – anhand einfacher und selbstbewusster Landbewohner – die jüngere Geschichte Polens. Sein reifes, psychologisch fundiertes Verständnis des Menschen, sein humaner Blick und seine Vorstellungskraft machen seine Werke zu einer wichtigen, versöhnenden Stimme der europäischen Gegenwartsliteratur.