Und dann verschwand die Zeit
Dieses Buch ist wunderschön und zugleich schrecklich. Wunderschön, weil es großartig geschrieben ist, in zarter Sprache die (Innen-)Welt dreier Menschen auslotet und die Schönheit von Liebe, Zuneigung und Verantwortung beschreibt. Schrecklich, weil es vom „Ende der Welt“ auf eine verstörende Art und Weise erzählt, das ganz leise und unmerklich daherkommt und in die Leben von Sally, Caro und Pauly eindringt, diese drei Menschen auf „High House“ zusammenführt und für immer aneinanderbindet.
Franscesca, Caros Stiefmutter hat diesen Rückzugsort geplant und eingerichtet, als ihr bewusst wurde, dass die zunehmenden Umweltkatastrophen nicht nur temporär sind, sondern die Welt für immer radikal verändern werden und hat dort die richtigen Menschen zusammengebracht, um größtmögliche Selbstversorgung zu verwirklichen.
Besonders verstörend ist, dass das, was Jesse Greengrass als Dystopie beschreibt, so nah und real ist, weil Überflutungen und Hurricanes tatsächlich geschehen und wir nicht wissen können, in welche Richtung sich unsere Welt entwickelt – das entworfene Szenario ist eine von möglichen Versionen der Zukunft. Auch wenn die Geschichte am Meer spielt, haben mir einige Abschnitte die Bilder der Flut in der Eifel von 2021 wieder so nah ins Bewusstsein geholt, dass es mir so vorkam, als wäre die Autorin dabei gewesen. Die traurige Realität ist aber, dass sowas natürlich nicht nur bei uns passiert, sondern überall auf der Welt…
In jedem Fall ist es Greengrass gelungen verschiedene zentrale Themen unserer Zeit hier zu verdichten und zu einem wunderbaren Roman zu weben: Ökologische Verantwortung und die Bedrohung durch Naturkatastrophen, vom Leben und Überleben mit der Natur, Elternschaft und Verantwortung, Freundschaft und Liebe…
Großartig und herzzerreißend!