Der Roman zum Radentscheid
Die Zahl 38.185
Aachen in den Jahren 2022 folgende: Die eitle Politik und eine tatenarme Verwaltung bekommen den 2019 beschlossenen Radentscheid (mit 38.185 Unterschriften der erfolgreichste Deutschlands) weiterhin nicht umgesetzt. Die Stadt gerät zunehmend in Aufruhr. Wegewut macht sich breit. Autofahrer treffen sich heimlich, klagen über Parkplatzraub, nehmen Bäume als Geiseln und starten die erste Critical Mass für Vierräder. Die Radler kämpfen unverdrossen um jeden Meter Bike Lane. Bald müssen die ersten der Speichenheinis und Asphaltimperialisten zum Therapeuten, der eine wegen Verfolgungswahn, der andere wegen wütender Alpträume von Radlerhorden. Derweil setzen emsige Stadtplaner:innen ausgebufft auf den ersten Bürgerdialog ohne Bürger.
Wichtige Rollen spielen Aseag-Busfahrer Ron und eine Kotelettkaiserin, ein Professorenpaar als Agentterroristen, Mysterien um den Öcher Mi´´woch und in einer angemessen kurzen Nebenrolle Armin Laschet (Politiker, Burtscheid). Selbst die Liebesgeschichte zwischen Biker Damian und Sportwagenfahrerin Ariane quält sich so mühsam voran als sei Herzklopfen in Aachen ein Verwaltungsakt. Endlich kommen sie sich näher, die Phantasien explodieren – und ausgerechnet in diesem Moment entgleitet dem Autor das Geschehen.
Ein satirischer Zukunftsroman voller Grotesken. Aber wahrscheinlich nah an der Wirklichkeit.
Die Zahl 38.185. Ein Fahrradroman aus der Autostadt Aachen.
Eifeler Literaturverlag, 333 Seiten, 15 Euro.

Bernd Müllender, Jahrgang 1956, Sohn des Ruhrgebiets (Duisburg), leidenschaftlich autoloser Radfahrer, lebt und arbeitet seit 40 Jahren als Journalist und Buchautor in Aachen. Er arbeitet regelmäßig für taz, andere Zeitungen und Magazine wie LogIn oder PublikForum. Letzte Buchveröffentlichung: „Haarig! Revolte, Magie, Erotik: Geschichten vom feinsten Körperteil“, Edition Zeitblende 2019.
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